Das Apple iPhone 12 (Pro) gehört derzeit zu den weltweit gefragtesten Smartphones. Neues Design, mehr Leistung und erstmals mit 5G. Seit mehr als zwei Wochen begleiten uns die 6,1-Zoll-Modelle der neuen Generation. In unserem Testbericht ziehen wir jetzt ein erstes Fazit.
In diesem Jahr können sich iPhone-Käufer zwischen insgesamt vier Modellen entscheiden. Dabei erweitert Apple sein Portfolio mit dem iPhone 12 Mini nicht nur um das seit langem kompakteste, sondern mit dem iPhone 12 Pro Max auch um das bisher größte iOS-Smartphone. Für unseren Testbericht haben wir die goldene Mitte und damit die voraussichtlich meistverkauften iPhones im 6,1-Zoll-Format gewählt. Aufgrund der umfangreicheren Ausstattung liegt der Fokus im Test auf dem iPhone 12 Pro, das wir in vielen Bereichen auch mit dem günstigeren, normalen iPhone 12 vergleichen werden.
Kantig und stabil: Das neue Design des iPhone 12 Pro
Mit dem neuen Design des iPhone 12 (Pro) trifft Apple den Geschmack vieler Nostalgiker, die bereits in der Ära des iPhone 4 und iPhone 5 dabei waren. Die geraden statt abgerundeten Seitenränder mögen auf dem Papier nur wie ein geringes Facelift wirken, machen sich haptisch jedoch deutlich bemerkbar. Unserer Meinung nach wird das iPhone 12 somit griffiger, vor allem in Kombination mit der mattierten Glasrückseite der Pro-Version. Wer auf eine Schutzhülle verzichtet, bleibt allerdings von Fingerabdrücken nicht verschont, entweder auf dem polierten Edelstahl des iPhone 12 Pro oder der glänzenden Rückseite des iPhone 12.
Die Verarbeitung der beiden Modelle hinterlässt einen erstklassigen Eindruck. Auch wenn Fall- oder Kratztests nicht zu unserem Testparcour gehören, haben wir das Gefühl, dass dank des besser geschützten Ceramic-Shield-Displays ein zusätzliches Cover in diesem Jahr tatsächlich optional statt essentiell sein dürfte. Im Internet verbreiten sich zwar weiterhin Berichte über anfälliges, eingefärbtes Edelstahl, in den ersten zwei Wochen mit dem iPhone 12 Pro konnten wir ein solches Problem jedoch nicht feststellen. Mehr Freude hätten wir allerdings gehabt, hätte sich Apple für eine kleinere Notch am oberen Bildschirmrand entschieden. Doch darauf müssen wir wohl noch ein oder zwei Jahre warten.
OLED-Displays und A14-Chips für alle iPhone 12-Modelle
Aktuell setzt die gesamte iPhone 12-Familie auf Bildschirme mit OLED-Technik. In unserem Fall verwendet das 6,1 Zoll große "Super Retina XDR"-Display eine Auflösung von 2532 x 1170 Pixeln und bietet wie seine Vorgänger einen aktiven Weißabgleich via True Tone, den großen P3-Farbraum, einen hohen Kontrast mit High Dynamic Range und eine maximale Helligkeit von 800 Nits oder 1200 Nits bei HDR-Inhalten. Das Display des iPhone 12 (Pro) findet in der Redaktion Gefallen. Nicht nur weil es auch bei direkter Sonneneinstrahlung gut ablesbar ist, sondern weil Apple erneut auf eine natürliche, kontraststarke Farbwiedergabe setzt und mit einer Pixeldichte von 460 ppi Inhalte knackscharf darstellt. Wäre jetzt noch das ProMotion-Feature (120 Hz) mit von der Partie, wären wir wunschlos glücklich.
Unter der Haube des iPhone 12 (Pro) arbeitet der neue Apple A14 Bionic-Chip, einer der ersten Prozessoren, die im 5nm-Verfahren hergestellt werden. Apple selbst spricht von einer bis zu 50-prozentigen Leistungssteigerung gegenüber anderen Smartphone-Chips, die in Konkurrenzprodukten verbaut werden. Und ja, die Leistung kann sich wirklich sehen lassen, wie ausgewählte synthetische Benchmarks belegen. Viel wichtiger ist jedoch, dass es der Vorsprung für Nutzer ermöglicht, auch in den nächsten zwei Jahren noch genug Leistung in der Hosentasche zu haben. Wir konnten den A14-Chip im Test mit Arcarde-Spielen, Augmented-Reality-Anwendungen, vielen parallel geöffneten Apps und dem 4K-Videoschnitt in jedem Fall noch nicht an seine Leistungsgrenzen bringen.
Der 5G-WOW-Effekt wird in Deutschland getrübt
Die neue iPhone-Generation steht nicht nur für ein neues Design und mehr Leistung, sondern erstmals auch für den Mobilfunkstandard 5G. Mit dem iPhone 12 (Pro) unterstützt Apple viele 5G-Bänder, auch die wichtigen in Deutschland. Doch wie Apple so schön sagt: "Das ist erst der Anfang." Denn hierzulande ist abseits von wenigen Funkzellen kaum etwas vom angepeilten Gigabit-Speed zu sehen und auch die geringen Latenzen bleiben bisher aus. Wenn man das Glück hat, im 5G-Netz zu verweilen, ist das eher mit einem leicht besseren 4G LTE vergleichbar. Kritik ist hierbei jedoch nicht unbedingt bei Apple zu suchen, sondern beim Netzausbau der großen drei Provider Telekom, Vodafone und O2. Die Entscheidung, 5G im Dual-SIM-Betrieb zu deaktivieren, dürfte jedoch in Cupertino gefallen sein.
An unserem Teststandort, einem laut Telekom mit 5G ausgebauten Randbezirk von Berlin, konnten wir in den seltensten Fällen eine 5G-Verbindung aufbauen und diese war oftmals kaum schneller als das bisher verfügbare LTE. Das gilt nicht nur für das iPhone, sondern auch für Modelle wie das Google Pixel 5. Natürlich freuen wir uns über Downloadraten über 100 MBit/s, in einigen Fällen sogar bis zu 600 MBit/s, doch der Wow-Effekt bleibt in Deutschland bisher aus. Wer das iPhone 12 Pro langfristig nutzt, wird in ein bis zwei Jahren wahrscheinlich vom hiesigen 5G-Netz profitieren. In Deutschland kann die 5G-Funktion als "nice to have" eingestuft werden, noch lange aber nicht als Hauptgrund zur Anschaffung eines iPhone 12 Pro oder eines jeden anderen 5G-Smartphones.
Verbesserte Kameras: Die Spiegelreflex aus der Hosentasche
Wichtiger als die 5G-Verbindung sind die drei verbauten Kameras des iPhone 12 Pro. In diesem Jahr trifft man auf ein Ultraweitwinkel-, Weitwinkel- und Teleobjektiv an der Rückseite des iOS-Smartphones. Apple bleibt dem Megapixel-Wahnsinn weiterhin fern und setzt auf eine maximale Auflösung von 12 Megapixeln. Dafür fangen die Kameras nun mehr Licht ein und die Software sorgt für einen erstklassigen Feinschliff der Aufnahmen. Die deutlich verbesserte Neural Engine des Apple A14 Bionic-Chips sorgt in Kombination mit einem neuen Bildsignalprozessor (ISP) für detailreiche und natürliche Aufnahmen, sogar in dunklen Umgebungen.
Deep Fusion und Smart HDR 3 sind die Prozesse, die im Hintergrund dafür verantwortlich sind, dass Fotos auch unter widrigen Bedingungen - zum Beispiel bei Gegenlicht oder besonders hellen Elementen im Bild - mit Hilfe von maschinellem Lernen für grandiose Ergebnisse sorgen. Dabei nähert sich Apple bereits im Automatik-Modus einer Qualität an, die sonst nur von professionellen Fotografen mit teuren Spiegelreflexkameras (DSLR) erreicht werden. Zusätzlich sorgt der neue LiDAR-Sensor des iPhone 12 Pro für einen schnelleren Autofokus und deutlich bessere Nachtaufnahmen samt Portrait-Funktion. Letztere sind ab sofort sogar über das True-Depth-Kamerasystem an der Front möglich.
Abschließend bringt Apple Videoaufnahmen mit 10-Bit-HDR inklusive Dolby Vision im 4K-Format auf die neuen Smartphones. Das iPhone 12 Pro unterstützt diese mit bis zu 60 Bildern pro Sekunde, das normale iPhone 12 immerhin mit bis zu 30 fps. Man kennt diese Features aus Filmen und Serien, die jetzt auch beim Erstellen von kontraststarken Videos zur Verfügung stehen. Genießen kann man sie jedoch oftmals nur auf dem iPhone-Display selbst, da beim Teilen der Aufnahmen mit anderen Nicht-HDR-Geräten nur die dafür passende SDR-Version übertragen wird. Was Dolby Vision im Detail mit sich bringt, erfahrt ihr im folgenden Video unseres YouTube-Partners Alexander "AlexiBexi" Böhm.
Kommendes Feature: Im Verlauf des Jahres wird Apple die sogenannte ProRAW-Funktion auf den iPhone 12 Pro (Max)-Modellen aktivieren. Die Möglichkeiten zur professionellen Nachbearbeitung von Fotos in Programmen wie Adobe Photoshop und Lightroom werden für Enthusiasten somit weiter verbessert.
Solide Akkulaufzeit und kabelloses Laden via MagSafe
Mehr Leistung, Funktionen und 5G-Mobilfunk - Das muss sich doch deutlich auf die Batterie auswirken, oder? Nicht unbedingt. Zwar erreicht das iPhone 12 Pro mit 17 Stunden auf dem Datenblatt hinsichtlich der Videowiedergabe eine kürzere Laufzeit als das iPhone 11 Pro, doch das ist wohl eher dem größeren Display zuzuschreiben. Obwohl wir vom letztjährigen iPhone 11 Pro Max auf das iPhone 12 Pro gewechselt sind, bringt uns das Smartphone weiterhin sicher über den Tag. Wir checken stetig unsere E-Mails, sind auf Facebook, Twitter und TikTok unterwegs und vergnügen uns zum Feierabend mit Apple Arcade. Zur Mittagspause gibt es noch ein paar Fotos aus dem Home-Office-Garten und am Abend hängen wir das iPhone meist mit 40 Prozent Restladung an die Steckdose.
Prognose: Wer das iPhone 12 Pro vorrangig im 5G-Netz betreiben kann, wird mit einem höheren Stromverbrauch rechnen müssen. Da wir während des "Stay Home"-Lockdowns in den seltensten Fällen in diesem unterwegs sein konnten, werden wir in diesem Bereich (noch) kein praxisnahes Urteil fällen. In den letzten 14 Tagen haben wir das iPhone 12 Pro vorrangig über den neuen MagSafe-Lader aufgeladen und sind mit seiner Funktionsweise zufrieden. Er lädt, ein entsprechendes Apple-Netzteil vorausgesetzt, mit 15 Watt doppelt so schnell wie unser bisher genutzter Qi-Wireless-Charger und bietet sich somit auch für schnellere Zwischenladungen abseits des Nachttischs an. Dass Apple mit seiner grünen Kein-Netzteil-Politik und dem Preispunkt von 44 Euro für MagSafe nicht alle Besitzer erfreut, ist logisch. Allerdings sind wir gespannt, welches Zubehör man in Kompatibilität mit dem magnetischen Ladegerät aus dem Hut zaubern wird.
Etwas skeptisch blicken wir jedoch auf den kürzlich vorgestellten "Magnetic Car"-Halter von Belkin. Wir bezweifeln, dass die Magnete des iPhones und der optionalen Cover stark genug sind, um das Smartphone auch auf holprigem Kopfsteinpflaster festhalten zu können. Doch auch hier wird es auf einen späteren Test ankommen.
Unser Fazit zum Apple iPhone 12 Pro
Nach zwei Wochen intensiver Nutzung hinterlässt das iPhone 12 (Pro) einen sehr guten Eindruck. Das aufgefrischte Design überzeugt mit einer erstklassigen Haptik sowie Wertigkeit und vor allem die neue Farbvariante in Pazifikblau trifft unseren Geschmack. Ansonsten zeigt sich Apple mit dem bekannten "Schneller, größer, weiter"-Upgrade, das wir vorab erwartet haben. Die Leistung des neuen A14 Bionic-Chips kann sich ebenso wie die verbesserten Kameras samt LiDAR-Sensor, Dolby Vision-Videos und die Funkverbindungen per Wi-Fi 6 und 5G sehen lassen. Selbst bei unseren hohen Anforderungen bleiben nicht viele Wünsche offen. Doch wie kann sich Apple noch verbessern? Auch bei der Ausstattung des iPhone 12 Pro gibt es natürlich Luft nach oben. Schon lange ist der Wechsel auf einen USB-C-Anschluss überfällig und auch die 120-Hz-Technik der OLED-Displays hätte unser Meinung nach vorrangig behandelt werden können. Letztere hätte sich wahrscheinlich deutlich positiver auf unseren Smartphone-Alltag ausgewirkt, als das 5G-Modul.
Wer in diesem Jahr noch nicht zuschlägt oder seinen Mobilfunkvertrag verlängert, darf gespannt auf die Modelle im nächsten Jahr blicken. Und dennoch können wir allen denjenigen, die über die Anschaffung des diesjährigen iPhone 12 (Pro) nachdenken, eine nahezu uneingeschränkte Kaufempfehlung aussprechen. Denn neben der erstklassigen Hardware dürfte für viele das iOS-14-Ökosystem eine deutlich größere Rolle dabei spielen, entweder erneut oder gerade deshalb zu einem iPhone zu greifen.